Pech, Patzer, Pokalaus | 9. Dezember 2004 |
Arschkalt war es an diesem Donnerstagabend, als Hobby Hamborn aus dem FVN-Pokal ausschied. Bei Minustemperaturen, Bodenfrost und widrigen Umstäden unterlagen die Blauen im Viertelfinale des "Freien Pool B" mit 3:5 (2:2) bei der TSG 77 Bocholt und können sich nun auf anderen Quatsch konzentrieren. Schade ist es allemal, da der Sieg der Gastgeber zwar nicht unverdient, aber keineswegs zwangsläufig war und weil die Niederlage auf fast schon dramatische Weise in der Schlussviertelstunde zustande kam.
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Die A3: Ein Bermudadreieck |
Der mittlerweile ganz normale Vorspiel-Wahnsinn in einer kurzen Chronolgie: Wie immer waren diverse Hobbies zu spät am Treffpunkt, wie immer hatte sich keiner um eine Wegbeschreibung gekümmert und wie immer ging das Kolonnefahren mächtig in die Hose, sodass die einen recht früh, die anderen später und wieder andere viel zu spät in Bocholt ankamen. Dirk Weyers machte eine kleine Deutschlandreise auf diversen Autobahnen, Boris Martinovic lernte fast alle Fußballplätze der Gegend kennen und beide waren zum Anstoß nicht auf der Anlage von Borussia Bocholt, sondern irgendwo anders auf diesem Planeten.
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Es ging so ziemlich alles schief, was vor einem Spiel so schiefgehen kann. Vor Ort gab es dann nur eine Kabine für beide Teams, was zu weiteren Verzögerungen führte und als dann alle Hamborner endlich umgezogen waren und Ben Binkle sich genervt und lustlos eine aus der Personalnot geborene Aufstellung ausgedacht hatte, da wollte der Schiedsrichter auch gleich anpfeiffen. Warmmachen ist bei Minustemperaturen sowieso Zeitverschwendung und so hatte kein einziger Hamborner auch nur einen Ball am Fuß, bevor das wohl wichtigste Spiel des Jahres losging. Eine gute Spielvorbereitung sieht, so darf behauptet werden, anders aus. All diese denkbar ungünstigen Voraussetzungen sollen nicht als Entschuldigung für das Ausscheiden, sondern lediglich als Ergänzung im Gesamtkontext dieses Pokalspiels dienen. Verloren wurde das Spiel während der 90 Minuten, speziell in der letzten Viertelstunde, aber dazu steht weiter unten mehr. Weil Weyers (der später beim Warmmachen auch noch bemerkte, dass er noch immer verletzt ist und daher gar nicht spielen kann) und Martinovic fehlten stellte sich das Team fast von alleine auf. Stefan Diebels, endlich mal nicht beim THW beschäftigt, setzte sich zunächst auf die Bank, die anderen elf Hobbies verteilten sich auf die taktischen Position der Startelf. Gar nicht dabei waren Philipp Greis, der in Ingelfingen einen Ingel fing, Thomas Yalim, der spät abends noch Anderleuts' Miele schleppte und Markus Brassmann, der mit Partynase auf einem Geburtstag hockte. Kent-Matthias Nisbach stopfte sich Stutzen in die Hose und ging als Weyers-Ersatz ins Tor und dann ging es auch schon los. Anpfiff, der Ball rollte. Vor allem Richtung Hobbytor. Die Bocholter übernahmen erst einmal das Kommando, spielten ballsicher im Aufbau und schickten ihre Stürmer dann steil in die Abwehrlücken, von denen es immer reichlich gab. Ein paar kleinere Chancen blieben ungenutzt und Hamborns Angriffe endeten nach Fehlpässen oder schlechten Annahmen schon im Mittelfeld. Wenn es überhaupt logische Konsequenzen im Fußball gibt, dann war das, was in der 12. Minute passierte, eine solche. Es fiel nämlich das verdiente 1:0 für die TSG. Relativ unverändert ging die Partie weiter, langsam, aber auch wirklich nur langsam gewöhnten sich die Blauen in den roten Trikots an Boden, Temperatur und Gegner. Etwas überraschend brachte dann eine schöne Ecke von Marius Niedoba und ein Kopfballtor von Tobias Salzburger den Ausgleich, der das Spiel in der Folgezeit etwas offener gestaltete.
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Da hatte Kapitän Bumen noch gute Laune... | Bocholt war nun nicht mehr so drückend überlegen, kam aber dennoch zu weiteren Chancen und sogar zur erneuten Führung. Erik Engler verlor den Ball im Aufbau, keiner sicherte für ihn ab und so war die Bahn zum 2:1 frei, Nisbach im Tor hatte keine Chance. Aber aber aber, kurz vor der Pause dann das endgültige Lebenszeichen der Hobbies. Kapitän Michael Bumen eroberte den Ball und schickte Stoßstürmer Guido Cassel steil, der eiskalt und nervenstark zum 2:2 vollstreckte. Der Kampf wurde nun angenommen.
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Umbaumaßnahmen in der Pause sollten dem Spiel der Hobbies weitere Impulse verleihen. Binkle hatte seine erste gute Aktion der Partie, als er lautstark seine eigene Auswechslung (besser: Erlösung) forderte, für ihn kam der mittlerweile eingetroffenen Martinovic und auch Markus Blümlein musste den Liberoposten mit einer zwickenden und zwackenden Leiste räumen. Ihn ersetzte Diebels. Es darf spekuliert werden, ob es an den Auswechslungen und Umstellungen lag, aber die zweite Halbzeit ließ sich deutlich besser an als der erste Durchgang. Nun war das Spiel offen, es ging hin und her und es wurde sogar richtig spannend. Lange hielten beiden Abwehrreihen trotz diverser Chancen hüben wie drüben das 2:2, doch dann kam der große Auftritt des Tobias Salzburger. Das Hamborner Mittelfeld-Gehirn hatte nun auch die angezogene Handbremse gelöst und wurde immer stärker. In der 72. Minute steckte Salzburgo dann fast magisch einen Pass auf Cassel durch und dieser chipte den Ball lässig ins lange Eck - Hamborn führte, Hamborn jubelte und Hamborn träumte vom Pokalhalbfinale. Für exakt fünf Minuten. Denn während Binkle auf der Ersatzbank gerade Herrn Greis per Mobiltelefon das erfreuliche Geschehen mitteilte, nahm das Unheil seinen Lauf. Und dieses Unheil hieß "Doppelschlag" und kam gleich zwei Mal über die rechte Hamborner Abwehrseite. Beim Ausgleichstreffer wurde erneut Engler nicht abgesichert, beim Tor zum 3:4 wurde es dann endgültig theatralisch und dramatisch. Frank Sleyfer stand ja, äh, wohl "ungünstig" zum Mann, dieser konnte flanken und Bumens Klärungsversuch landete im eigenen Tor. Den fleißigen aber glücklosen Kapitän traf keine Schuld, dennoch guckte er ebenso verdutzt aus der feuchten Wäsche wie Keeper Nisbach, der binnen drei Minuten bereits zum zweiten Mal hinter sich greifen musste. Das Spiel war erneut gekippt, diesmal zu Hamborner Ungunsten.
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Der Schiedsrichter hatte alles im Griff |
Nun war die Partie endgültig hektisch und fahrig, ARD-Kommentatoren würden da wohl von einem "typischen Pokalspiel" faseln. Jedenfalls hatte Hamborn fast im Gegenzug die Chance zum Ausgleich, aber Cassel wurde gefoult, was den Schiedsrichter aber nicht dazu veranlasste, einen Elfmeter zu verhängen. Um so ärgerlich war das, da bereits in Halbzeit eins ein sehr klarer Elfmeter für Hamborn nicht gegeben wurde, als erneut Cassel nicht nur für alle sichtbar, sondern sogar für alle hörbar regelwidrig gelegt wurde. Dem Schiedsrichter sei aber hier im Spielbericht nicht viel Platz eingeräumt, da es sich bei ihm um eine "Gelsenkirchener Wurst mit Schnurbart" (zitiert nach Bumen) handelte, der zwar viel erzählte, aber wenig pfiff.
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In den Schlussminuten drückten die Hobbies noch mal mit Macht nach vorne, ließen aber das letzte Geschick vermissen und wurden in der Nachspielzeit sogar zum 5:3 ausgekontert. Dieser Treffer hat aber keinen mehr interessiert, zumal direkt danach das Spiel auch abgepfiffen und die Zeit der hätte, wenn und abers eingeläutet wurde. Hätte die Abwehr besser gestanden, wenn Martinovic seine Großchance zum 4:2 nicht leichtfertig vergeben hätte, wenn der Schiedsrichter einen Elfmeter gepfiffen hätte, wenn Sleyfers Gewaltschuss an die Unterkante der Latte ins Tor geht, dann, ja dann, weiß auch keiner, was da noch passiert wäre. "Wir sind hier in der Realität", sagte ja auch die Schiedsrichter-Wurst irgendwann mal während der 90 Minuten und auch wenn es absolut unklar bleibt, was er damit eigentlich aussagen wollte, so muss man wohl zustimmen, drei Euro in ein Phrasenschwein werfen und sagen: 5:3 verloren, Schluss, aus, Mickey Mouse, so ist Fußball, die Tore entscheiden und nachher fragt niemand wer nach dem "wie". Verdient hin, unverdient her: Aufgrund der besseren ersten Hälfte und einem leichten spielerischen Übergewicht ziehen die sehr fairen Bocholter wohl zu Recht ins Halbfinale des FVN-Pokals ein, auch wenn die Entstehung des Sieges letztlich etwas glücklich war. Da der Fußballgott wahrscheinlich ein Arschloch ist und sich kein bisschen um Hobby Hamborn schert, kann man das Glück nicht erzwingen, auch nicht durch Gebete oder Opfergaben. Und wenn dann noch eine schwache erste Hälfte, eine schlechte Chancenverwertung, ein Eigentor und eine über 90 Minuten nie sichere Abwehr hinzukommen, dann summieren sich die Unzulänglichkeiten schnell zu einer Niederlage. Schämen muss sich, außer Binkle, aber niemand im Hamborner Team. Ärgern dürfen sich aber alle.
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TSG 77 Bocholt - Hobby Hamborn 5:3 (2:2) |
TSG 77 Bocholt: Aufstellung unbekannt
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Hobby Hamborn: Matthias Nisbach - Erik Engler, Markus Blümlein (46. Stefan Diebels), Christoph Schurse - Ben Binkle (46. Boris Martinovic), Frank Sleyfer, Michael Bumen, Marius Niedoba - Tobias Salzburger, Thomas Przystupa - Guido Cassel
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Tore:
1:0 (12. Minute)
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Spieler des Spiels:
Gelbe Karten: | Ein Bocholter nach Foulspiel
Platzverweise:
Besondere Vorkommnisse:
Zuschauer: | Etwa 10 - Dirk Weyers plus Kollege, Vater Blümlein, Edelfan Ingo Hoersken und sechs Heimfans
Platzanlage:
Wetter:
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