Ein Lebenszeichen im Iltispark

18. September 2004

Endlich einmal Balsam für die zuletzt stark angeschlagene Hobby-Seele: Bei den Gartenkickern Duisburg kämpften und spielten die Hamborner, als gäbe es kein Morgen und kamen nicht trotz, sondern gerade wegen der vier "Notnägel" im Team zu einem verdienten 2:2 (0:1)-Unentschieden. Die mit großem Abstand beste Saisonleistung, die ohne acht Stammspieler vollbracht wurde, wäre auch fast mit drei Punkten belohnt worden, doch gelang den fußballerisch starken Gartenkickern kurz vor Spielende noch der Ausgleich. Es war kein Sieg, aber doch ein Sieg der Moral. Pechvogel des Tages war Stürmer Boris Martinovic, der mit lädierter Hand ins Spiel ging und sich nach einem Sturz das Handgelenk brach.

Bis eine halbe Stunde vor Spielbeginn hatten die Hobbies gerade einmal zehn Mann im Kader. Przystupa, Greis, Bumen, Blümlein, Brassmann, Nisbach, Diebels und Yalim hatten aus diversen Gründen abgesagt und die Rekrutierung der Ersatzspieler lief nur schleppend an. Zumindest gab Marius Niedoba nach ausgeheilter Daumenverletzung sein Comeback. Organisator Ben Binkle holte im Vorfeld zudem Torpedo Utforts Starlibero Richard Schneider an Bord - ausgerechnet Schneider hatte maßgeblichen Anteil am Sensationssieg der Utfort bei den Hobbies Ende August. Diesmal war "00Schneider" also im richtigen Team und verdingte sich dann auch gleich als Co-Organisator. Per Handy zitierte er die Trainerlegende Frank Baade und Laufwunder Jörg Lobies, beide ebenfalls Utforter Starspieler, zur Anlage am Iltispark, wo sie auch kurz nach dem Anpfiff eintrafen. Zudem half der Zufall. Michael Schlemann, ein Arbeitskollege des heutigen Hamborn-Kapitäns Erik Engler, tauchte aus dem Nichts auf und schnürte dann spontan die Schuhe für die Blauen - ein Glücksfall, wie sich noch zeigen sollte.
Das Wort Rumpfelf klingt despektierlich und trifft die Sache auch nicht voll. Zwar war es ein bunter Haufen in blauen Trikots, aber Spielverständnis, Laufwege und Einsatz stimmten auf Anhieb, sodass es keine große Eingewöhnungsphase gab. Allerdings gilt das vorrangig für die Defensive, denn in diese sah sich Hamborn vom Anstoß an hineingedrängt. Die Gartenkicker machten das Tempo, kontrollierten den Ball und das Spiel und schoben immer wieder mit Macht Richtung Tor von Dirk Weyers. Doch der Hobby-Schlussmann musste nur selten eingreifen, da klare Chancen trotz optischer Überlegenheit Mangelware blieben. Die Abwehr um den heute sehr starken Libero Binkle stand erstaunlich sicher, das Mittelfeld arbeitet mit, es fehlte lediglich an Entlastung nach vorne.

Aus einem einfachen Einwurf resultierte dann das 1:0 für die Gastgeber. Hoch und weit flog der Ball in den Strafraum, so recht fühlte sich kein Hamborner für die Kugel verantwortlich und so schloss ein Gartenkicker aus elf Metern recht unbedrängt zur Führung ab. Weyers war absolut machtlos. Bis zur Pause hatten die spielstarken Gastgeber noch ein paar brauchbare Möglichkeiten, das Ergebnis zu erhöhen, doch verteidigten die Hobbies mit viel Leidenschaft, Kampfkraft und Geschick den knappen Rückstand.

Und man traute seinen Augen nicht. Nach Wiederanpfiff waren auf einmal die Hamborner in der Vorwärtsbewegung - und wie! Das war großer Fußball unter der filigranen Regie des sagenhaft aufspielenden Tobias Salzburger und zelebriert vom wunderbar harmonierenden Sturmduo Lolis und Guido Cassel. Und schnell wurde der neue Mut durch den Ausgleich gestärkt. Eine Ecke von Cassel köpfte Debütant Schlemann unter Verlust seiner Brille ins lange Eck. Und weiter ging es Richtung Gartenkicker-Tor. Aus einer sicher stehenden Defensive wurden nun ansehnliche Konter vorgetragen, immer wieder über Salzburger, Cassel und Lobies, immer wieder sehr gefährlich, aber auch immer wieder erfolglos. Cassel und Salzburger spielten sich zeitweise in einen Rausch, waren vor dem Tor aber zu fahrig und ließen auch beste Chancen ungenutzt.

Da musste schon ein kapitaler Torwartfehler der Gastgeber her, um das 2:1 bejubeln zu können. Eine unfassbar harmlose Flanke von Cassel nahm der Keeper auf und ließ sie dann wieder wegkullern, Lobies schaltete am schnellsten, setzte nach und stocherte den Ball ins Tor. Wütende Antworten der Gartenkicker fanden ihr Ende meist in der starken Hamborner Defensive, in der Frank Sleyfer, Christoph Schurse und Richard Schneider ganze Arbeit lieferten. Und wenn doch mal ein Ball durchkam, war Binkle da und konnte klären. Anders war dies aber in der 81. Spielminute. Nach einem Eckball sprang ein Gartenkicker höher als Sleyfer und köpfte wunderschön zum 2:2-Ausgleich in den Winkel. Wenig später offenbarten dann die Gastgeber, dass die Hobbies sie schon sehr entnervt hatten: Laufwunder Lobies wurde Opfer eines bösen Revanchefouls, wofür der Gegner völlig zu Recht vom insgesamt durchschnittlichen Schiedsrichter des Feldes verwiesen wurde. Aber es änderte nichts mehr am Ergebnis. Die Gartenkicker hatten unterm Strich mehr vom Spiel, doch hatten die Hobbies mehr und vor allem bessere Torchancen.

Trotz des ärgerlichen späten Ausgleichs konnte die Hamborner zufrieden sein - sowohl mit dem Punkt, als auch mit der gezeigten Leistung. Konzentriert, kompakt und aufmerksam in der Defensive, mutig, kreativ und schnell in der Offensive stellten sie die fußballerisch starken Gartenkicker besonders nach dem Seitenwechsel doch vor große Probleme, was angesichts der angespannten Personalsituation vor dem Spiel - und auch während der ersten Hälfte - nicht unbedingt zu erwarten war. Zur Erinnerung: Die Gartenkicker hatten vor nicht einmal vier Monaten noch hochverdient in Hamborn mit 3:0 gewonnen.

Nach dem zuletzt eher unästhetischen Fußball gab es endlich mal wieder rasante Spielzüge und ein bis zum Umfallen kämpfendes Team, das im Iltispark hoffentlich die Lethargie endgültig abgelegt hat und eine kleine Auferstehung feierte. Gar nicht genug loben kann man die vier Notnägel, die ich ab jetzt nicht mehr Notnägel nennen will: Schlemann, Baade, Lobies und Schneider fügten sich hervorragend ins Team ein, zeigten allesamt gute bis sehr gute Leistungen und erzielten zudem noch beide Tore. Sie waren ein wichtiger Teil des Teams, das heute gezeigt hat, dass Hobby Hamborn noch lebt. Einzig die üble Verletzung von Martinovic, die er sich in einem ganz normalen Zweikampf zuzog, vermag den Jubel etwas zu bremsen.

FC Gartenkicker - Hobby Hamborn 2:2 (1:0)
FC Gartenkicker: Aufstellung unbekannt

Hobby Hamborn: Dirk Weyers - Christoph Schurse, Ben Binkle, Frank Sleyfer, Richard Schneider - Erik Engler, Marius Niedoba, Michael Schlemann, Tobias Salzburger, Frank Baade - Boris Martinovic, Jörg Lobies, Guido Cassel
Tore:

1:0 (22. Minute)
1:1 Schlemann (49./Vorlage Cassel)
1:2 Lobies (74./Cassel)
2:2 (81.)

Startaufstellung:

Weyers

Schneider

Binkle

Schurse

Sleyfer

Engler

Niedoba

Salzburger

Cassel

Schlemann

Martinovic

Reserve: Lobies, Baade
Spieler des Spiels:

Spieler des Spiels: Ben Binkle

Ben Binkle

Legte endlich seine Lethargie ab und spielte selbstbewusst und überzeugend auf

Gelbe Karten:
---

Platzverweise:
Ein Gartenkicker (85. wegen einer Tätlichkeit)

Besondere Vorkommnisse:
Martinovic fährt mit Handgelenkbruch ins Krankenhaus

Zuschauer:
Etwa 25 - Edelfan Ingo Hoersken, Markus Blümlein, Matthias Nisbach, die Eltern Hoersken, ein Freund von Dirk Weyers und zahlreiche Gartenkicker-Groupies

Platzanlage:
Anlage von Hamborn 90 am Iltispark

Wetter:
warm und trocken

Die Spieler in der Einzelkritik

Benotet von Ben Binkle, Erik Engler und Tobias Salzburger

Dirk Weyers

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Dirk Weyers 2,5
(Binkle 3 - Engler 2,5 - Salzburger 2,5)
Trotz der Überlegenheit der Gartenkicker hatte Dirk nur wenig Chancen, sich auszuzeichnen. Hielt, was zu halten war und strahlte Ruhe und Souveranität aus. Ließ sich auch nicht auf sinnlose Debatten mit Schiedsrichter oder Gegenspielern ein.

Erik Engler

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Erik Engler 2,5
(Binkle 2,5 - Engler 2,5 - Salzburger 2,5)
Der Kapitän ackerte auf der Position vor der Abwehr wie bekloppt, rannte was die Beine hergaben und noch drüber hinaus. Vor allem in der Rückwärtsbewegung sehr stark, half immer wieder im eigenen Strafraum aus und klinkte sich dann in den Spielaufbau ein.

Ben Binkle

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Ben Binkle 1,5
(Binkle 1,5 - Engler 2 - Salzburger 1,5)
Binkle machte zweifelsohne das beste Spiel seiner Karriere. Gut als Organisator der ohnehin starken Abwehr, rettete zweimal kurz vor der Linie, fing zahllose Pässe ab und war auch im Zweikampf geschickt und durschlagskräftig. Geil!

Christoph Schurse

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Christoph Schurse 2
(Binkle 2 - Engler 2 - Salzburger 2)
Christoph blieb in der Abwehr ohne jeden Fehler, lief jede Menge Bälle ab und bewahrte auch in Ballbesitz Ruhe und Konzentration. Hatte links hinten viel zu tun, biss sich aber an den Gegenspielern fest und beendete das Spiel als klarer Punktsieger.

Richard Schneider

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Richard Schneider 2
(Binkle 2,5 - Engler 2 - Salzburger 2)
Er selbst nöhlte zwar über seine "Katastrophenleistung", diese Meinung hat Richard aber exklusiv. Bis auf ein paar technische Unsicherheiten zu Beginn der Partie überzeugte er durch immense Laufarbeit, starkes Zweikampfverhalten und gutes Teamspiel.

Frank Sleyfer

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Frank Sleyfer 2,5
(Binkle 2 - Engler 2,5 - Salzburger 2,5)
Der Oldie spielte auf wie ein 32-Jähriger. Hielt sich in der Offensive merklich zurück, weil er eben merkte, dass er als zusätzlicher Abwehrspieler dringend benötigt wurde. Taktisch perfekt und gewohnt zweikampfstark ackerte die Frankmaschine 90 Minuten lang vorbildlich.

Marius Niedoba

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Marius Niedoba 3
(Binkle 3 - Engler 3,5 - Salzburger 2,5)
Nach langer Verletzungspause meldete sich Marius mit einer ordentlichen Vorstellung zurück. Stand gut auf der rechten Seite, arbeitete auch immer wieder nach hinten mit. Die fehlende Spielpraxis und die derzeit etwas mangelnde Fitness waren ihm aber teilweise anzumerken.

Michael ?

1 Tor
0 Vorlagen
0 Karten

Michael Schlemann 2
(Binkle 2,5 - Engler 2 - Salzburger 1,5)
Kam, verlor die Brille, köpfte ein Tor. Der lange Schlacks spielte im linken Mittelfeld seine technischen Fertigkeiten immer wieder aus, war sehr ruhig und sicher am Ball, leistete sich kaum Fehlpässe und ging weite Wege. Ein sehr gelungenes Debüt.

Tobias Salzburger

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Tobias Salzburger 2
(Binkle 1,5 - Engler 2 - Salzburger 2,5)
Herz, Hirn und Kopf der Offensive. Regisseur Tobi verteilte die Bälle, stopfte Löcher, setzte Dribblings, variierte das Tempo und war die dominanteste Figur im Hamborner Team. Musste sich sogar mehrfach auswechseln lassen, weil er sich überpowert hatte. Nahm sich selber zu stark in die Kritik.

Guido Cassel

0 Tore
2 Vorlagen
0 Karten

Guido Cassel 2,5
(Binkle 2,5 - Engler 2,5 - Salzburger 2)
Eine gute Vorstellung des Juniors, die nur einen Schönheitsfehler hatte. Im Mittelfeld und im Spielaufbau überragend, gute Pässe und Flanken, gutes Verständnis mit Lobies und Salzburger. Vor dem Tor aber dann ohne Durchschlagskraft, das kennt man von ihm sonst anders.

Boris Martinovic

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Boris Martinovic -
(Binkle - Engler - Salzburger)
Aua, aua, aua. Musste schon Mitte der ersten Hälfte raus und wurde am nächsten Tag am Handgelenk operiert. Bis zu seiner Verletzung ackerte er viel und spielte zwei schöne Pässe. Eine Benotung macht aber unter diesen Umständen keinen Sinn.

Frank Baade

0 Tore
0 Vorlagen
0 Karten

Frank Baade 3
(Binkle 3,5 - Engler 3 - Salzburger 2,5)
Trainer Baade kam kurz nach Anpfiff und hatte eher wenig Spielanteile. Brachte sich aber läuferisch auf den Außenbahnen gut ein, besonders in der Rückwärtsbewegung. Dafür, dass er eigentlich gar nicht kommen wollte, war das eine ordentliche Leistung.

Jörg Lobies

1 Tor
0 Vorlagen
0 Karten

Jörg Lobies 2
(Binkle 2 - Engler 2,5 - Salzburger 1,5)
Der Alptraum eines jeden Gegenspielers. Läuft nach wirklich jedem Ball, geht in wirklich jeden Zweikampf und nervt damit die gegnerische Abwehr gewaltig. Stand beim Tor goldrichtig und überzeugte vor allem im Zusammenspiel mit Guido Cassel.


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