Der Hobbyfußball kennt keine Gnade | 9. Februar 2008 |
Die Hobbyliga hat wieder begonnen, was unter anderem auch bedeutet, dass sich nun der ehrenwerte Pöbel an Samstagmittagen nicht mehr, sagen wir mal, auf Stadtteilfesten oder in Sonnenstudios herumtreiben muss, sondern endlich wieder größtenteils mäßig talentierten Kickern beim Sich-Gegenseitig-Beleidigen nicht zu zuschauen, sondern tatkräftig zur Seite stehen kann. So geschehen in Dinslaken-Bruckhausen, wo Gastgeber BWJ - ehemals Gewinner des Fair-Play-Preises - vor den Augen einer ganzen Trinkhalle mit 2:1 (1:0) gegen Hobby Hamborn gewann. Hier ist die Chronologie.
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Zweiter Spieltag der Hobbyliga und das Forum quillt schon am Mittwoch mit Zusagen über. Sehr schön, alle sind noch motiviert so früh in der neuen Saison und brennen auf ihren Einsatz. Noch schöner wäre es gewesen, wenn dann auch tatsächlich die 15 angesagten Spieler am Spieltag in Bruckhausen, einem idyllischen und etwas verschlafenen Tourismus-Geheimtipp vor den Stadttoren Voerdes, erschienen wären. Oder wenigstens 14. Oder 13. Vielleicht auch 12. Immerhin waren elf Mann beim Anpfiff dabei und die Sonne strahlte bei Wetter zum Polarkappenschmelzen - beste Bedingungen also für die Comebacks der Herren Markus Blümlein (nach Babypause), Thomas Yalim (Arbeitsleben) und Ben Binkle (Kneipe). Marius Niedoba ersetzte den abwesenden Mario Lenski im Tor, der Rest des Teams stellte sich von selber auf, da "Mr. Baker" Philipp Greis sein Kommen erst für Halbzeit zwei angesagt hatte. Er sollte dann Thomas Przystupa ersetzen, der sein sinnloses Anliegen, den "weißen Sport" Tennis in Deutschland trotz Florian Mayer weiter zu etablieren, fortsetzen wollte. Nur widerwillig stellten die Hamborn-Bosse ihren Stürmer zum Medenspiel ab, demnächst soll aber am Runden Tisch mit dem DTB über die Terminierung dieser als Sport getarnten Trinkfeste debattiert werden. Wir sind ja hier schließlich nicht beim Afrika-Cup.
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Musste sich alles mit ansehen: Edelfan Ingo Hörsken | Jede Menge Publikum hatte sich am Rand des gut bemoosten Ascheackers eingefunden, darunter wohl die Mehrzahl der Spieler, die in den letzten Jahren noch unter BWJ Bruckhausen firmierten und die in sieben Duellen gegen Hobby Hamborn noch nie gewonnen hatten. Scheinbar hat es nach dem letzten schwachen Jahr einen großen Umbruch bei den bis dato so sympathischen Nord-Dinslakenern gegeben, denn auf dem Platz standen überwiegend junge Menschen, die man lieber mal keiner Ausweiskontrolle unterziehen sollte, wenn sie nach 23 Uhr noch in Diskotheken Zigaretten rauchen. Dazu kamen mindestens zwei Spieler vom Typ "Autismus-Grätscher", also Spieler, die jede ihrer Aktionen (Zweikampf, Querpass, Einwurf) zwingend mit einer Grätsche beenden müssen, da es sonst scheinbar nicht hobbyfußball-gefühlsecht rüberkommt..
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Wie schon in den letzten gefühlten neun Jahren fungierte als Schiedsrichter wieder ein aufziehbarer Berufsspaßvogel, der sich zum einen dadurch auszeichnet, dass er sich die Trainingshose bis unters Kinn ziehen kann, zum anderen aber auch, dass er viel bellt (redet) und nie beißt (handelt). Er pfiff im Grunde gut, bis auf den schon fast lächerlichen Verzicht auf Gelbe und Rote Karten, der in dieser Partie absolut Fehl am Platze war. Aber er sollte nicht der einzige Akteur auf der Bruckhausener Schlacke bleiben, der an diesem schönen Samstagnachmittag zu viel Text hatte. Kaum waren nämlich drei Minuten gefoult, äähh gespielt, da gab es schon erste Rudelbildungen, begleitet durch ein erstes Sich-Kennenlernen ("Was willst du denn?"). So ging es dann eine Weile weiter, wobei die anwesenden BWJ-Fans den Geräuschpegel durch permanentes Brüllen unklarer Dinge und Kommentieren von allem, was sie da so sahen, Gott sei Dank noch weiter erhöhten.
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So wäre das 1:0 für Hamborn auch dann im allgemeinen Beleidigen untergegangen. Przystupa hatte sich im Strafraum durchgesetzt und abgezogen, der Torwart, der im Spiel immer ganz laut "Torwart" gerufen hat, so, als müsse er sich selber vergewissern, wer er ist, hatte abklatschen lassen, sodass erneut Teufelskerl Przystupa den Ball vor das nun leere Tor flankte, wo ein etwas zu ehrgeiziger Bruckhausener dann aus kurzer Distanz den Ball ins Netz schob. Die übrigen Feldspieler riefen übrigens nicht "Feldspieler", sondern eher "Ey!" oder einfach andere Pöbeleien. Bis dato war die Partie recht ausgeglichen, in der Folge übernahm dann aber BWJ mehr und mehr das Kommando und kam kurz vor der Pause zum verdienten Ausgleich. Ein sehr schöner Angriff über die linke Hamborner Abwehrseite endete mit einer Maßflanke in die Mitte und einem sehenswerten Kopfballtor.
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Auch nach dem Wechsel der Spielrichtung, wie es korrekt heißen muss, da die Seiten ja nicht gewechselt werden, blieben die Gastgeber das aktivere Team. Hamborn verteidigte zwar mit viel Einsatz recht gut, tat aber selber zu wenig für ein konstruktives Aufbauspiel. Chancen gab es dennoch auf beiden Seiten. Der eingewechselte Greis, der in der Halbzeit noch lecker Backwaren kredenzt hatte, hätte kurz nach Wiederbeginn das 2:1 machen können, Pech hatte später auch noch Tobias Salzburger, der nach feinem Solo nur die Latte traf. Aber auch BWJ hatte gute Chancen auf die Führung, die dann eine Viertelstunden vor Ende fiel. Aus dem Gewühl traf ein Bruckhausener zunächst den Pfosten, den Abpraller bekam Niedoba unglücklich an den Arm, von wo der Ball ins Tor sprang.
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Frank Sleyfer sucht nach den fehlenden 25 Prozent |
Ein großes Aufbäumen der Gäste gab es danach nicht mehr, zumal sowohl Blümlein, als auch Kent-Marvin Nisbach mit Krämpfen kaum noch einsatzfähig waren. Und auch Routinier Frank Sleyfer gestand nachher, er sei nach einem Schlag auf beide Oberschenkel nur noch bei "75 Prozent" gewesen. Immerhin. Auch der Schiedsrichter stellte schließlich sein ununterbrochenes Plappern kurz ein und pfiff die Partie ab, begann dann aber direkt, mit dem Fazit der Partie weiterzuplappern.
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Weil Hamborn außer dem engagierten Verteidigen zu wenig ins Spiel investierte, wie man so sagt, geht der Sieg der Gastgeber durchaus in Ordnung, auch wenn ein Remis im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Das Spiel selber war fußballerisch komplett belanglos, dafür aber einmal mehr ein ganz normales Spiel der Hobbyliga Duisburg: Es wurde gemeckert und beleidigt, geschimpft und gepöbelt und weit mehr geredet als gerannt. Warum sich Fußballer immer gegenseitig "Hast du se noch alle?" fragen, bleibt auf ewig ohne befriedigende Antwort, zumal auf diese Frage ja eh niemand "Nein" antwortet. Dennoch wird das ständig gefragt, so ist das eben in der Hobbyliga. Dass Hobby Hamborn lediglich ein Haufen asozialer Treter mit schlechten Manieren ist, war ja den Insidern des Freizeitfußballs schon lange klar. Dass nun aber auch das "neue" BWJ Bruckhausen derart über alle Stränge schlägt, ist neu. Bezeichnend war auch die Szene, in der der BWJ-Stürmer den Ball wegschoss, als Hamborn einen Freistoß ausführen wollte. Das hatte er so vielleicht im Fernsehen bei den Profis gesehen und mag sich dann gedacht haben, dass er diesen tollen Trick auch mal in der Hobbyliga anbringen muss. Sich über derlei Unfug zu beschweren, ist die Mühe nicht wert. Denn so ist er eben, der Hobbyfußball. Gott sei Dank hat die Saison wieder begonnen!
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BWJ Bruckhausen - Hobby Hamborn 2:1 (1:1) |
BWJ Bruckhausen: Aufstellung unbekannt
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Hobby Hamborn: Marius Niedoba - Manuel Block, Ben Binkle, Matthias Nisbach - Markus Blümlein, Erik Engler - Frank Sleyfer, Tobias Salzburger, Thomas Yalim, Michael Schlemann - Thomas Przystupa (46. Philipp Greis)
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Tore:
0:1 Eigentor (19./Vorlage Przystupa)
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Spieler des Spiels:
Gelbe Karten: | Ein Gegner (Meckern)
Platzverweise:
Besondere Vorkommnisse:
Zuschauer: | Knapp 30 - Ingo Hörsken und Michael Bumen, dazu jede Menge Bruckhausener und einige Kids
Platzanlage:
Wetter:
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