"So klar wie das Ergebnis war das Spiel aber nicht"

4. Februar 2006

Mustafa Yanbul, Organisator und Ballverteiler der Deserteure Duisburg, ist ein feiner und fairer Sportsmann. Mit seinem Team gewinnt er jedes Jahr die Hobbyliga Duisburg und, wenn nicht gerade mal Schaltjahr ist, auch noch den Pokal. Des ewigen Gewinnen scheinbar überdrüssig, pflegt er den Ligagegnern/Sparringspartnern, die vor allem dazu dienen, das Punkte- und vor allem das Torekonto seiner Deserteure schnellstmöglich hochzuschrauben, nach dem Abpfiff auch einseitigster Partien noch Mut zu machen. Dabei spricht er viel Lob aus, nur weiß der Gegner meistens nicht, wofür. So auch am 4. Februar 2006. Am zweiten Spieltag der Hobbyliga Duisburg, der zugleich den Saisonauftakt für beide Teams darstellte, da Spieltag eins dem winterlichen Wetter zum Opfer gefallen war, hatten die Deserteure gerade Hobby Hamborn mit 8:1 (4:0) geschlagen, ohne dabei sonderlich an irgendwelche Grenzen gehen zu müssen. Dennoch kam Mustafa Yanbul nach Spielende zum obligatorischen Shakehands in den Mittelkreis und verkündete den staunenden Ben Binkle und Erik Engler dabei die Überschrift des Spielberichts. Nett gemeint, ist aber halt Quatsch. Klingt aber trotzdem gut.


Herzlichen Glückwunsch zum ersten Saisontor: Boris Martinovic
Saßen Ende November noch nahezu sämmtliche Hamborner zusammen auf der Mannschaftssiztung im Binkleschen Kellergewölbe und schworen sich darauf ein, doch in der neuen Saison das Thema Zu- und Absage zu den Spielen etwas ernster anzugehen, entpuppte sich gleich der erste Test dieser noblen Rederei als große Farce. Noch am Spieltag selber trudelten Ab- und Zusagen beim Organisator ein, beim Treffpunkt standen dann elf plus ein halber Kicker parat, um die neuen royalblauen Leibchen dem gespannt wartetenden Edelfan Ingo Hörsken zu präsentieren. Dabei waren auch Debütant Sebastian Engels und Ersatzmann Axel Jahn, der so freundlich war, den klammen Kader aufzufüllen. Für den nicht könnenden Dirk Weyers übernahm der nichts könnende Binkle die Positions des Aufdertorlinienstehers.

Taktisch hatten sich Engler und Binkle, die Gewinner des "Taktik-Fuxxx" 1992, dem vom Privatsender Sat1 Mitte der 90er-Jahre phasenweise mal vergeben Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Mannschaftsaufstellungskunst, einiges ausgedacht. Vor einer Dreierkette, bestehend aus Ersatzlibero Engler himself, flankiert vom einmal mehr umfunktionierten Mittelfelddribbler Michael Schlemann und Kopfballungeheuer Matthias Nisbach, sollte eine kompakte Mittelfeld-Dreierreihe die Räume eng machen. Für diese Rolle wurden Markus Blümlein, Marius Niedoba und Jahn auf den nassen Kunstrasen geschickt. Davor sollte Youngster Engels die tödlichen Pässe spielen oder zumindest fleißig mit nach hinten arbeiten. Mittelstürmer Boris Martinovic war als einziger Hamborner für den Strafraum der Deserteure eingeteilt und sollte dort von den atemberaubenden Soli der Außenstürmer Thomas Przystupa und Philipp Greis profitieren. Soviel zur Theorie, in der Praxis war davon aber nicht mehr viel zu sehen, wie die drei anwesenden Zuschauer sicherlich bestätigen können.

Die 90 Spielminuten sind schnell erzählt: Die Gastgeber machten Druck, hatten permanent den Ball, den sie gekonnt über 13 bis 67 Stationen zirkulieren ließen und stellten die Hamborner vorne wie hinten dauerhaft vor unlösbare Probleme. Bei den Blauen wurden die fehlenden Stammkräfte, aber auch die fehlende Form, die fehlende Spielpraxis und ja, die fehlende individuelle Klasse, schmerzlich vermisst. Die ordnende Hand und der klärende Fuß von Kapitän und Libero Michael Bumen, die Kampfkraft von Frank Sleyfer, Christoph Schurse oder Stefan Diebels, die Ballsicherheit eines Guido Cassel, eines Tobias Salzburger oder eines Thomas Yalim, all das hätte Hamborn gut zu Gesicht gestanden. Ganz zu schweigen von einem echten Torwart, wie Weyers einer ist. Weil der Fußball aber kein Wunschkonzert ist und all diese Menschen eben krank oder verhindert waren, führte Ersatzkapitän Engler die verbliebene Restgruppe gutmütig zur Schlachtbank.

Mit dem 1:0 des amtierenden Meisters nach rund 20 Spielminuten, das per Kopfball nach einer Ecke fiel, war die Partie eigentlich entschieden; ein Doppelschlag wenig später ließ die bet-and-win-online-Quoten für einen Heimsieg dann endgültig in den unrentablen Bereich sinken. Die einzige Hamborner Torchance vor der Pause hatte Rechtsaußen Greis, dessen Schuss aber noch von der Torlinie gekratzt wurde. Nach dem Seitenwechsel nahmen die Deserteure angesichts der hohen Führung und der widrigen Bedingungen schnell mehrere Gänge raus, Martinovic traf so nach unfreiwilliger Vorarbeit von Greis zum 1:4, bevor der gewohnte Spielchen seinen weiteren Lauf nahm. Vier mal musste der hilflose Ersatzkeeper noch hinter sich greifen, mal sah er dabei schlecht aus, mal sogar sehr schlecht, mal aber auch nur so schlecht wie sonst auch, wenn er Fußball spielt. Dass die Hamborner in der letzten halben Stunde gleich drei (oder vier?) Mal die Latte oder den Pfosten trafen, ist kein Indiz für die gewagte These von Mustafa Yanbul, sondern besagt lediglich, dass das Spiel auch hätte 4:11 oder 5:15 ausgehen können.

Nach 90 Minuten permanter Überforderung in restlos allen Mannschaftsteilen erlöste der Schlusspfiff des bis auf in wenigen Szenen umsichtigen Schiedsrichters die formschwachen und orientierungslosen Hobbies, die nun das Feld in der Hobbyliga von hinten aufrollen müssen. Selten spielten die Deserteure gegen Hamborn so stark auf wie heute und selten konnten die Blauen so wenig dagegensetzen. Bleibt nur noch die Randnotiz, dass es völlig unverständlich ist, warum der Keeper der Gastgeber nach 70 Minuten bei einer klaren 6:1-Führung mit einer Todesgrätsche in den anlaufenden Hobby-Stürmer bolzt und - egal ob nun "Ball gespielt" oder nicht - eine Verletzung billigend in Kauf nimmt und, dass es noch viel unverständlicher ist, dass seine Teamkollegen ihn dafür nicht zur Ordnung rufen, sondern auch noch verteidigen. Da man aber unmöglich die ganze Welt verstehen kann, wird dies ewig ungeklärt bleiben. Stattdessen wird die ganze Konzentration auf die kommenden 21 Spieltage gelenkt, für die es eine gute Nachricht gibt: 20 davon werden nicht gegen die Deserteure ausgetragen.

Deserteure Duisburg - Hobby Hamborn 8:1 (4:0)
Deserteure Duisburg: Aufstellung unbekannt

Hobby Hamborn: Ben Binkle - Matthias Nisbach, Erik Engler, Michael Schlemann - Marius Niedoba, Markus Blümlein, Axel Jahn - Philipp Greis, Sebastian Engels (81. Tobias Salzburger), Thomas Przystupa - Boris Martinovic

Tore:

1:0 (20. Minute)
2:0 (33.)
3:0 (34.)
4:0 (45.)
4:1 Martinovic (57./Vorlage Greis)
5:1 (63.)
6:1 (68. Foulelfmeter)
7:1 (82.)
8:1 (90.)

Startaufstellung:

Binkle

Nisbach

Engler

Schlemann

Niedoba

Blümlein

Jahn

Greis

Engels

Przystupa

Martinovic

Reservebank: Salzburger
Spieler des Spiels:

Spieler des Spiels: Niemand

Niemand

Nee, also heute wohl wirklich nicht, nein.

Gelbe Karten:
keine

Platzverweise:
keine

Besondere Vorkommnisse:
keine

Zuschauer:
3 - Edelfan Ingo Hörsken, Michael Bumen und Vater Blümlein

Platzanlage:
Kunstrasenplatz der MSV-Hockeyabteilung in Meiderich

Wetter:
Kalt, phasenweise leichter Regen


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